Samstag, 26. Juni 2010

Bern: Hollywood

Bern ist ja so was wie Hollywood. An jeder Ecke ein Star. Am Rodeo Drive (Amthausgasse) in den Promi-Schuppen (Diagonal, Fédéral et al.) ist die Dichte besonders hoch. Oft zwar nur Politiker, aber hey, immerhin. Letztes Mal: ein Wirtschaftsboss, der ein Grosi-Einkaufswägeli hinter sich herzieht. Anderes Mal, anderes Lokal: Ein Ex-Mister-Kandidat tanzt besoffen auf dem Tisch. Und wer schaut zu? Ein Eishockeyprofi und ein Boxer, der jede Frau in Sichtweite anflirtet. Im Technoclub trifft man an Weihnachten einen alternden Musiker. Im Spital wird man von einer Ex-«Musicstar»-Kandidatin gepflegt. Im Café lauscht man dem Ärger einer Actrice. Im Quartier trifft man die Dings, die eine Affäre mit dem Dings hat, und wohnt neben einem selbst ernannten Pornodarsteller. Ü-be-rall Stars!

Das ist einfach ganz wunderbar. Und geht nur, weil die Berner so wahnsinnig diskret sind. Hier kann man eben noch auf die Strasse, ohne dass es am nächsten Tag in der Zeitung steht.

Hihi.

Sarah Pfäffli

Samstag, 19. Juni 2010

Bienne: Frienisberg

In Biel war Sonntagmittag, dunkle Wolken hingen über den Hügeln rund um die Stadt. Richtung Chasseral war es dunkelgrau, Richtung Frienisberg schon nachtschwarz.

Ich traf einen alten, aber entfernten Bekannten. Die Wetterlage inspirierte uns, eine alte Weisheit auszugraben. Keine Sorge, heute regnets nicht, sagte ich. Die dunklen Wolken ziehen über den Frienisberg weg, wie immer.

Einige wortlose Minuten in der brennenden Sonne später wurde der Bekannte plötzlich nachdenklich. Mit den dunklen Wolken, meinte er in ernstem Ton, sei es möglicherweise wie mit anderen problematischen Dingen im Leben. Er denke da an SCB-Fans. Oder an Menschen, die mit leuchtvioletten Rucksäcken an die BEA pilgern. Oder an Fussballteams, die immer im letzten Spiel alles verlieren.

Man muss nur am richtigen Ort leben, sagte der Bekannte, dann zieht das Dunkle automatisch über den Frienisberg weg.

Fabian Sommer

Samstag, 12. Juni 2010

Bern: Bittersüss

Randständiger Wurmfarn, Knotige Braunwurz, Gewöhnlicher Fenchel, Aufgeblasene Lobelie, Wilde Karde, Festknolliger Lerchensporn, Dornige Hauhechel, Goldlack, Ballonpflanze, Leberblümchen, Wunderbaum, Bittersüss, Echtes Seifenkraut, Kleine Bibernelle, Edel-Gamander, Etagenzwiebel, Einjähriger Beifuss, Muskateller-Salbei, Schleime (grün), Klatschmohn, Europäischer Wolfsfuss, Echte Ochsenzunge, Echte Hundszunge, Löwenschwanz, Scharfer Hahnenfuss, Virginischer Tabak, Ausdauerndes Bingelkraut, Aufrechtes Glaskraut, Weiblicher Waldfarn, Wanzenkraut, Warzenkraut, Zottiges Purpurglöckchen, Gebräuchlicher Ehrenpreis, Taumel-Lolch, Gemeines Lungenkraut.

In Bern gedeihen ganz viele seltsame Pflänzchen. Nur sind nicht alle so gut verwurzelt und so hübsch anzuschauen wie jene dort am kühlen grünen Hang, unter der Brücke, an der Aare, wos so schön ist, dort, im Botanischen Garten.

Ich wollt, ich wär ein Bittersüss.

Samstag, 5. Juni 2010

Bienne: Kinder

In Biel war Gartenparty. In einer Badewanne mit Eis lagen geschätzte vierhundert Halbliterdosen Bier und gezählte zwei Literflaschen Mineral. Ich traf viele alte Bekannte.

Einer von ihnen war bereits ziemlich bouré und erzählte die seiner Meinung nach beste Lebensweisheit aller Zeiten. Am Abend, sagte er, lege er die Zeitung jeweils in den Kühlschrank. Damit er am nächsten Morgen schön frische Nachrichten habe.

Ich lächelte müde und ging einen Tisch weiter. Dort ging es um die Weisheiten der Kinder, ein definitiv gutes Thema. Ein Freund habe ihre fünfjährige Tochter drei Minuten vor Schluss des kürzlich ausgetragenen Champions-League-Finals gefragt, was denn die Bayern noch tun könnten, um den Match beim Stand von 2:0 für Inter Mailand noch zu drehen, erzählte eine Bekannte. Sie wisse etwas, habe das Mädchen geantwortet: Leibchen tauschen.

Fabian Sommer