Samstag, 26. Januar 2013

Bienne: Le Poulain

In Biel war die Stimmung schlecht. Schnee vermischte sich mit Regen und Salz zu einer graubraunen Sauerei, die an Schuhen klebte und Nerven strapazierte. Als ich in den 17.42-Uhr-Bus Richtung Vorhölzli stieg, wünschte ich mich weit weg, nach Santo Domingo oder La Réunion.

Da holte mich eine junge Dame, die aufgeregt telefonierte, allerdings rasch zurück. Sie sprach Französisch und laut. «Ich rufe wegen des Tests an», schrie sie in ihr Handy. «Wegen des Vaterschaftstests!» Die wenigen weiteren Wintergeschädigten im Wagen wurden hellhörig. Und sie bekamen einiges zu hören: «Ich habe alles geschickt! Die Haare, den Speichel! Alles! Ich brauch jetzt Antwort», sagte die Frau. «Ich kann doch dem armen Teufel nicht alle paar Tage Haare ausreissen! Ich brauche jetzt endlich Gewissheit!» Und schliesslich: «Bon, dann ruf ich morgen um 8 Uhr noch mal an!» Als die Frau das Gespräch beendet hatte, merkte sie, dass sämtliche Reisende im 17.42-Uhr-Bus Richtung Vorhölzli mitgehört hatten und sie jetzt anstarrten. Sie lachte auf und sagte: «Il s’agit d’un poulain, putain!» Es geht um ein junges Ross, zum Teufel!

Fabian Sommer

Samstag, 19. Januar 2013

Burn: Ohm!

Es tut einfach sooo gut!», sagen die Leute und seufzen, wenn man sie fragt, warum sie Yoga machen. Dabei bekommen sie diesen leicht verklärten, glänzenden Blick. Was an Yoga genau so unglaublich ist, kann aber niemand erklären, es scheint ein wahnsinnig gut gehütetes Geheimnis zu sein. «Man muss es einfach probieren!» Inzwischen probiert es die halbe Stadt. Längst verbiegen sich in den Yogastunden nicht mehr nur Frauen. Zunehmend machen auch Männer Yoga, obwohl die immer schnarchen in der Schlussentspannung, weil Männer ja wahnsinnig schnell einschlafen, während die Frauen in ihren Gedanken die Arbeitswoche planen und eine Einkaufsliste notieren und überlegen, was sie danach wohl essen sollen. Entspannen ist wahnsinnig anstrengend.

Yogastudios sind die neuen Coiffeursalons in Bern. Allein vor meiner Haustüre liegen zwei. Wer genug hat vom Büro, macht eine Yogalehrerausbildung oder unternimmt eine nette Drittweltreise nach Indien: Auszeit in einem Ashram in Goa. Es ist eine Volksbewegung. Wäre Yoga ein politisches Programm, die Yogapartei würde aus dem Stand zehn Stadtratssitze holen.

Natürlich mache auch ich Yoga. Ja, ja, das können sogar ganz unbewegliche Menschen. Und es tut einfach soooo gut. Man muss es nur ausprobieren.

Sarah Pfäffli

Samstag, 12. Januar 2013

Bienne: Echte Bieler

In Biel war Zeit des Abschieds. Zum Jahresbeginn mussten wir leider, leider zwei Menschen Adieu sagen, die das Leben in unserer Stadt während rund 100 Tagen geprägt hatten. Die nordamerikanischen Hockeygötter Tyler Seguin und Patrick Kane, die den EHCB während des NHL-Lockout veredelten, sind leider, leider weg.

Die beiden seien nicht nur auf dem Eis unerreicht geblieben, schwärmte man beim Tee Rum in der ersten Heimspielpause 2013. So ist Seguin öfters frühmorgens in der rauchgeschwängerten Coupole aufgetaucht. Einmal hatte er sieben gut aussehende Teenager dabei.

Für einen EHC-Biel-Spieler dürfte das Rekord sein.

Seguin und Kane sei es eben gelungen, innert Wochen auch jene unverwechselbaren Eigenschaften anzunehmen, die einen echten Bieler ausmachten, meinte ein alter Bekannter.

Der EHCB-Manager bestätigte diese These später im Radio. Nachdem Tyler Seguin und Patrick Kane aus ihren Wohnungen ausgezogen waren, habe ein Putzinstitut einen «grösseren Auftrag» erhalten, sagte er. Zwei Tage lang habe dann ein «Suchtrupp» versucht, Seguins Clubauto aufzuspüren. Man fand es schliesslich im Parkhaus 3 des Flughafens Zürich.

Goodbye, ihr Biennois!

Fabian Sommer

Samstag, 5. Januar 2013

Burn: Kann ja sein

Das neue Jahr ist gerade erst geschlüpft, es ist ganz frisch, sein Platz in der Geschichte noch nicht bestimmt. Diese ersten Tage des Jahres fühlen sich an wie ein Versprechen, wie jener Moment am Morgen, wenn man grad erwacht ist, aber für einige Sekunden lang keine Gedanken hat. Eine wunderschöne Leere. Noch ist alles möglich. Möglich, dass das ein supergutes Jahr wird, das beste ever. Kann ja sein, dass es in der Liebe endlich klappt oder einfach gut bleibt und leicht. Dass wir einen tollen neuen Job finden oder den alten wieder mögen. Dass die Bedienung in jedem Restaurant so herzlich ist wie im Café Postgasse, wäre das nicht schön! Dass das Tram immer grad erst kommt und nie vor zehn Sekunden abgefahren ist. Dass wir blöde Initiativen wuchtig verwerfen. Dass sich die Schulter selber heilt oder das Knie und dass der Zahnarzt kein Loch findet. Dass «Tanz dich frei» im Mai stilvoll wird. Dass das Gurtenfestival eine Partnerschaft mit dem Coachella Valley Festival eingeht und ein grandioses Programm auf die Beine stellt. Dass die Taxifahrer plötzlich mit Freude kurze Strecken fahren. Dass der Sommer lang wird. Dass die Reithalle kein einziges Problem macht. Keins! Dass neue englische Wörter erfunden werden, sodass keine einzige Band mehr «fly» auf «high» und «sky» reimen muss.

Kann ja sein! Noch kann dieses Jahr alles sein.

Sarah Pfäffli