Samstag, 28. Juli 2012

Bienne: Rapport aus den Ferien

In Biel war eine Grillparty für die Von-den-Ferien-nach-Hause-Gekommenen. Die Vorfreude war gross. Als Ferienrückkehrer rechnete man damit, aufdatiert zu werden, was man so verpasst hat, während man irgendwo lag und sich Sonnenbrand einfing. Traurigerweise waren am Grillfest aber dann auch alle anderen Anwesenden soeben aus den Ferien zurückgekehrt. Aus der Heimat gab es null News. So drehten sich die Gespräche um das Übliche: Ein alter Bekannter etwa wollte auf Gran Canaria Marihuana kaufen. Er kam 50 Euro ärmer und mit 5 Gramm Grüntee aus einem Hinterhof zurück.

Schon besser war die Geschichte jenes Bekannten, der in Berlin Geld abheben wollte und am Bankschalter Zeuge eines hübschen Dialogs wurde. Ein Mann, so erzählte er, habe verlangt, dass seine Auszüge künftig an eine Adresse in Rostock geschickt würden, da er nur noch wenige Tage im Monat in Berlin sei. Das konnte die Frau am Schalter aus irgendwelchen Gründen nicht in die Wege leiten. Der Mann fragte, was denn passiere, wenn sein Briefkasten voll sei und der Postbote merke, dass er nicht geleert werde. Darauf meinte die Schalterfrau: «Nun, dann schreiben wir Sie an und fordern Sie auf, Ihren Briefkasten zu leeren.»

Fabian Sommer

Samstag, 21. Juli 2012

Burn: Adieu, Chätschi-Platz

Er war eines der letzten Mysterien dieser Stadt. Jedes Mal, wenn ich darüber hinwegfuhr, wunderte ich mich über die Stelle, die wir den Chätschiplatz nannten: ein Stück Asphalt in der Matte, das zugepflastert war mit Kaugummis. Nichts an dem Ort verriet, warum die Chätschis ausgerechnet da klebten – er befand sich nicht direkt unter der Brücke, auch war kein Schulhaus in unmittelbarer Nähe. Der Chätschiplatz blieb ein Rätsel.

Jetzt ist er verschwunden. Zumindest zur Hälfte. Erst hätte ich ihn fast übersehen. Dreimal musste ich die Aarstrasse abfahren, bis ich seine Überreste entdeckte. Die Stadt hat den Strassenbelag zur Hälfte erneuert. Adieu, Chätschiplatz. Erst jetzt, da er nicht mehr ist, habe ich mich erkundigt, was es mit ihm auf sich hatte. Der «Bund» hat das mal recherchiert: Die Chätschis stammten von einem Mann, der mit Rauchen aufgehört hatte. Angeblich, um der Liebe zu seiner Frau eine Art Denkmal zu setzen, spuckte er seine Nikotinkaugummis stets auf die Strasse vor dem Haus. Ein hübscher Spleen.

Jetzt, wo ich die Geschichte kenne, finde ich es grad noch ein wenig trauriger, dass es den Chätschiplatz nicht mehr in seiner alten Grösse gibt. Und wohl auch nie mehr geben wird. Denn der Mann hat laut «Bund» 2008 wieder mit Rauchen angefangen.

Sarah Pfäffli

Samstag, 14. Juli 2012

Bienne: Sommer-Blues

In Biel war Saure-Gurken-Zeit. Sommerloch. Die Stadt war wie ausgestorben. Ich ass Gelati und starrte ins Leere. Ja, ja, Sommer hatte den Sommerblues. Dann fuhr eine Frau mit ihrem grossen Auto vor das Eiscafé. Sie besetzte zwei Parkplätze auf einmal. Ein Mann sagte zu ihr: «Entschuldigung, ihr Auto steht auf zwei Plätzen.» Sie sagte: «Okay, Entschuldigung angenommen.» Ich fand, dass es Zeit war, sich gegen den Blues aufzulehnen. Und darüber nachzudenken, was man in dieser Stadt ändern könnte.

Vielleicht sollte man mal einen geeigneten Platz für die Alkis finden. Es nervt nämlich, wenn man Besuchern am Bahnhof Biel jedes Mal erklären muss, dass sie jetzt dann gleich von zwar friedliebenden, aber halt doch lallenden und stinkenden Suchtkranken angemacht werden. Schön wäre auch, wenn man auf einen der leeren Plätze in der Stadt ein paar Bäume pflanzen könnte. Man könnte auch die Öffnungszeiten öffentlicher Einrichtungen den Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen. Man könnte mal vorwärtsmachen mit den neuen Stadien. Oder ein Konzertlokal einrichten mit Platz für 1000 Leute oder mehr.

Zuerst könnte man aber auch in ein Flugzeug steigen und sich ein paar Wochen lang aus der Ferne nach Biel sehnen.

Fabian Sommer

Samstag, 7. Juli 2012

Burn: Romantik im Zelt

Ich mag den Gedanken ans Zeltlen. Aber man weiss ja, wie das ist mit der Vorstellung von Dingen: Die Wirklichkeit vermag selten mitzuhalten. So ist es auch mit Schifffahrten – ich liebe die Idee, aber die Realität ist dann in der Schweiz weniger Seefahrerromantik als Schulreise und Rentnerausflug und der Geruch von schwitzenden Sandwiches. Trotzdem waren wir jetzt endlich campieren, ein bisschen zögerlich: nur eine Nacht, und nur ins Eichholz, dann könnten wir wieder heim, wenns ganz blöd würde. Es wurde dann erst am Morgen blöd. Davor wars sehr schön: in der Aare frieren, pingpönglen, zu viel Zeug grillieren, zu Fuss in den Ausgang gehen, gemeinsam Zähne putzen, den Regen aufs Zeltdach hauen hören, schwitzen und sehr schlecht schlafen. Perfekt!

Bis am Morgen dann, da erklang auf einmal sehr laut sehr fröhliche Musik, sehr fröhliche Menschen in sehr fröhlichen Kleidern begannen zu tanzen und zu jauchzen. Sie übten Choreografien, schüttelten ihre Gliedmassen, hüpften dynamisch. Eine Art Outdoor-Fitness-Latino-Aerobic-Tanzkurs hatte den Zeltplatz eingenommen. All die Geräusche und die Farben waren Gift für unsere empfindlichen Köpfe. Mit unserer Rumlümmelei war es vorbei. Wir zogen ab. Ach Wirklichkeit, du alte Spielverderberin. 

Sarah Pfäffli