Mich ärgert jeden Tag ganz vieles: Die alte Frau an der Greyerzstrasse, die uns durch die Gegensprechanlage verkündet, die Wohnung sei jetzt eben schon vergeben; dabei waren wir doch die Ersten, die um einen Besichtigungstermin angefragt hatten. Die beleidigend banalen Songs einer Bieler Popband am Radio. Das schockgefrorene Lächeln der Berner TV-Moderatorin. Das Ziehen in meiner verspannten Schulter. Die Nachbarin, die jeden Morgen das Treppenhaus herunterdonnert. – Solcher Art sind meine Sorgen.
Und nun habe ich ein schrecklich gutes Buch gelesen, es heisst «Das Recht auf Rückkehr» und handelt von einem Professor, der gerade in der Abendsonne vor seinem schönen Haus telefoniert, als er realisiert, dass sein Kind verschwunden ist. Die schlimmste Stelle des Buches ist die, in der der Mann begreift, dass alles, was in seinem Leben bislang von vermeintlicher Bedeutung war, auf der Stelle nichtig ist.
An dieses Gefühl muss ich wieder denken, wenn ich die Bilder aus Japan sehe.
Und so freue ich mich dieser Tage aufrichtig darüber, dass es mir vergönnt ist, mich über doofe Popsongs, die anstrengende Wohnungssuche oder laute Nachbarn aufzuregen. Ich liebe meine kleinstädtischen Probleme wirklich sehr.
Sarah Pfäffli
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