In Biel legte Madame Herbst ihren grauen Schleier über die Innenstadt. Das war einerseits einigermassen deprimierend, andererseits Gelegenheit, wieder einmal so wunderbare warme alkoholische Getränke wie Kafi Lutz oder Tee Rum zu konsumieren. Und auch Gelegenheit, innezuhalten und zurückzublicken. Auf rund dreissig Tage Biel-Bashing in den Medien, von «20 Minuten» bis «Tages-Anzeiger».
Ein alter Bekannter nahm sich die Mühe und legte eine kleine, aber furchteinflössende Auswahl aufs bereits vom Rum verklebte Bistrotischchen. Wir lasen. 22. August: «Explosionen und brennende Autos: Biel unter Schock». 26. August: «Biel – kleine Stadt mit heftigen Eruptionen». 31. August: «Jedes fünfte Kind in der Stadt Biel ist auf Sozialhilfe angewiesen». 6. September: «Reportage aus Biel: Eine Uhrenstadt kämpft gegen die Armut».
Wir schwiegen einen Moment. Das Schöne an diesen Geschichten sei ja, brummte der Bekannte dann, dass sich so ganz bestimmt kein Schwein mehr nach Biel traue und wir so die geilste Stadt der Welt, wie er sagte, für uns ganz alleine haben. Das sei mal echte Promo pour Bienne. Ich schlug eine Zeitung auf. Die aktuelle Schlagzeile über unsere Heimat verschwieg ich dem Bekannten dann, aus Rücksicht. Im «Blick» stand in fetten Lettern: «Biel – so stark wie nie!»
Fabian Sommer
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