Samstag, 26. September 2009

Bern: Relax, take it easy

Aha. Ein YB-Abo gilt in Biel also nicht als Ausweis, wie Monsieur Sommer vergangene Woche hier schrieb. Und sogar die Standesbeamtin sagt nach der Trauung «Ici c’est Bienne». Als könnte das in Biel jemand vergessen, bei all dem Lokalpatriotismus, den die Biennois pausenlos zur Schau stellen.

Nicht bös gemeint. Ich mag Biel, es hat etwas Mediterranes, nicht nur wegen des Siffs und der Gewalt, wie fiese Zungen behaupten. Aber dieses nonstoppe «Biel ist super, olé olé» kann ich als Bernerin nicht nachvollziehen. Weil wir haben ja auch Freude an unserer kleinen Stadt. Aber wir müssen nicht ständig ihre Vorzüge loben, immer «Bärn, i ha di gärn» rumbrüllen. Wir haben gar die Grösse, selbstkritisch zu sein. Können selbst in Weltstädte wie New York oder Zürich fahren, ohne stets zu betonen, wie hübsch Bern doch sei.

Irgendwie macht es ja schon skeptisch, wenn man die ganze Zeit betonen muss, dass etwas im Fall uuuh gut ist.

Liebe Bieler. Ich will euch ja nichts unterstellen. Ich sag nur: Entspannt euch mal.

Sarah Pfäffli

Samstag, 19. September 2009

Bienne: YB-Fan

In Biel war Hochzeit, es gab Champagner auf dem Kiesplatz vor dem Zivilstandsamt. Ein prunkvolles Gebäude in prunkvoller Umgebung übrigens. War im 17. Jahrhundert der Landsitz eines französischen Offiziers, aber das nur nebenbei.

Ich traf einen Bekannten mit Cüpli und Lachsbrötli in der Hand, der eben seines Amtes als Trauzeuge gewaltet hatte. Ein überzeugter Berner, folglich YB-Fan.

Die Hochzeit, sagte er, sei sehr schön gewesen, die Standesbeamtin nett und souverän. Nur eine Sache habe ihm zu denken gegeben. Ihr Bieler, sagte er, seid schon verdammt stolze Siechen.

Ich lächelte stolz.

Er habe seine ID vorlegen müssen, als Trauzeuge sei das Vorschrift, berichtete der Bekannte. Als er den Ausweis nicht gleich finden konnte, habe er die Standesbeamtin angelächelt und gefragt, ob auch das YB-Saisonabi reiche. Die Standesbeamtin habe ihn streng angeschaut. Und dann, erzählte der Bekannte, habe sie gesagt: Sorry, mein Lieber, ici c’est Bienne.

Fabian Sommer

Samstag, 12. September 2009

Bern: Magglingen

Bern ist eine Verliererstadt. Das ist jetzt nicht bös gemeint, im Gegenteil. Es ist ein Kompliment. Berner können einfach tipptopp einstecken, souverän verlieren. Ganz im Gegensatz zu mir. Verliere ich, stänkere ich wie ein kleiner Goof. Dafür kann ich absolut supergut gewinnen. Aber das ist ja keine Kunst.

Richtige Berner dagegen haben den Verliererinstinkt. Deshalb versäbelt YB immer alles im entscheidenden Spiel. Deshalb erklingt nach einem YB-Sieg im Stadion auch kein triumphales «We are the Champions». Sondern ein wehmütiges Züri-West-Lied, das klingt, als wäre ein Sieg etwas Bitteres. Eine passende Hymne für Bern.

Eine passende Hymne für Zürich hingegen sei «Traffik» von Züri West. Das schreibt das deutsche Magazin «Neon» in seiner jüngsten Ausgabe. Mal abgesehen vom offensichtlichen Missgeschick («Ah! Züri West! Bestimmt eine Züricher Band!»): In «Traffik» besingt die Band einen TV-Softporno.

Arme Züricher. Was für ein Tiefschlag. Aber in Magglingen gibts bestimmt einen Kurs «Einstecken für Anfänger» oder so. Ich komme gern mit.

Sarah Pfäffli

Samstag, 5. September 2009

Bern: Wäh, wandern

Auf einmal müssen meine Gspänli früher vom Ausgang heim. Ganz gesunde junge Menschen bleiben nüchtern und gehen um Mitternacht ins Bett. Weil: «Ich muss morgen um 6 aufstehen, wir machen eine Tour.»

Diese Art Tour hat aber nichts mit Rock'n'Roll zu tun. Nein: Plötzlich gehen alle wandern. Der neue Trendsport. Natur ist nicht mehr doof und wäh, sondern cool und real. Mal abschalten vom Job, mal gucken, wo das Biojoghurt herkommt, mal vermantschte Sandwiches zum Zmittag, mal saubere Luft.

Okay, dann tschesé. Ich bleib unterdessen im kaputten 3007, weil mir fehlen für solche Unternehmungen Disziplin und Tatkraft. Ich wandere dafür ab und zu vom Bett zum Grill, sauge zwei Mal pro Woche eine Kakerlake in den Staubsauger, geniesse das Grün meiner Zimmerpflanzen, ermorde im Geiste die Krähen vor meinem Schlafzimmerfenster und grüsse nachts den Fuchs, der in meinem Quartier Babys aufzieht.

Das ist ja wohl mehr als genug Natur für ein Menschenleben.

Sarah Pfäffli

Bienne: Bisle

In Biel war Montagabend, die Stimmung war sosolala. Niemand bestellte Alkohol, Wochenanfang und so. Ich traf trotzdem einen alten Kollegen.

Ihm sei heute im Büro etwas passiert, das nur einem Mann passieren könne, erzählte er. Gegen 11 Uhr habe er pinkeln müssen. Kein Thema eigentlich.

Doch bei ihm im Büro stünden die Pissoirs sehr nahe nebeneinander, und zwar ohne Trennwand. Wenn da das Nachbarpissoir besetzt sei, könne er nicht. Er könne so einfach nicht, knurrte der Kollege.

Der Worst Case sei um Punkt 11 Uhr eingetroffen. Und der Kollege vor dem Nachbarpissoir habe offenbar das genau gleiche Problem. Also: 2 Männer, 2 Pissoirs, 0 Milliliter Urin, 1 Million Peinlichkeitspunkte. Beide hätten dann pro forma abgeschüttelt und seien wortlos Richtung Arbeitsplatz abmarschiert.

Exakt acht Minuten später habe er einen zweiten Anlauf genommen, erzählte der Kollege. Rat mal, sagte er leise.

Rat mal, wer reingekommen ist, als ich gerade gekonnt hätte.

Fabian Sommer