Samstag, 27. November 2010

Bern: Weg da!

Ich bin auch ein Velorowdy. Ich fahre immer bei Rot über die Ampel, wenn da niemand sonst fährt. Vor meinem Haus hats ein Trottoir, aber keine Trottoirabfahrt, sodass ich jeweils ein paar Hundert Meter darauf fahre, bevor ich ohne gröbere Erschütterung runterkomme. Regelmässig werde ich deswegen von älteren Menschen angemotzt.

Ich kann ihren Ärger nachfühlen. Als Velofahrerin ärgere ich mich ständig über Fussgängerrowdys, die einfach auf die Strasse latschen, ohne sich umzusehen. Oder über Autorowdys, die vor mir rechts abbiegen, ohne in den Rückspiegel zu schauen.

Wenn ich mal Auto fahre, nerven mich dafür die doofen Velofahrer, die zu zweit ohne Licht nebeneinander fahren. Und die Fussgänger, die bei Rot über die Ampel vor dem Bahnhof rennen.

Was ich wiederum auch mache, wenn ich selbst zu Fuss unterwegs bin – nur, um mich dann über die arroganten Autofahrer aufzuregen, die bei Dunkelorange noch über die Kreuzung rasen. Und dann diese dämlichen Velofahrer, die sollen gefälligst für mich bremsen!

Ich sag jetzt mal was: Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Sarah Pfäffli

Samstag, 20. November 2010

Bienne: Die Wahl

In Biel war dermassen hässliches Wetter, dass einem nichts anderes übrig blieb, als sich mal mit der anstehenden Wahl des neuen Stadtpräsidenten zu befassen. Ich machte mich also auf in die Beiz, wo ein alter Bekannter schon mit den Prospekten sass.

Wir wussten: Die Wahl ist nur deshalb ein Ereignis, weil wir nach gefühlten 2000 Jahren nicht mehr den besten Stapi der Welt und Mr. Expo.02 himself, Mister Hans Stöckli, wählen können. Er tritt ab.

Zur Verfügung stehen jetzt: ein Steuerverwalter, der wahrscheinlich selbst zum Bratwurstbraten im Stadtpark im Frack erscheinen würde. Ein schwuler Steuerexperte. Ein stets adrett gekämmter Porschefahrer mit rechtspopulistischem Einschlag. Ein lustiger Taxifahrer. Und eine grüne Lesbe.

Wen er denn nun wählt, wollte der Bekannte partout nicht sagen. Dafür erzählte er eine Anekdote aus Stöcklis Amtszeit. Einmal, da sei der Hans aber fuchsteufelswild geworden, sagte er, nur einmal. Eine Journalistin habe ihn kürzlich gefragt, ob er eigentlich während der Expo.02 auch schon Bieler Stadtpräsident gewesen sei.

Fabian Sommer

Samstag, 13. November 2010

Bern: Bümpliz brönnt

Sie stamme aus einer «Scheissgegend in Bern», hat Edita Abdieski im Fernsehen verkündet.

Edita Abdieski, das ist die in etwa 238. Person, die in einer deutschen Castingshow gewonnen hat, aber vor allem die 1. Person, die aus Bümpliz stammt und schlecht darüber redet. Totale Premiere! Alle anderen Bümplizer sind völlig Fan von ihrem Hood. Bümpliz isch im Fau z Geilschte. Hab ich schon 100-mal gehört, den Satz.

Womöglich ist die Bümpliz-Euphorie bloss ein Fall von kognitiver Dissonanzreduktion: Man kanns ja nicht aushalten, irgendwo zu wohnen, wo mans total scheisse findet. Und wenn man nicht zügeln kann, muss man halt das Denken ändern.

Aber vielleicht ist Bümpliz auch tatsächlich the place to live. Nur weiss das niemand ausserhalb von Bümpliz. Man weiss: Dort wohnen die Ausländer. Dorthin fährt ein überfüllter Rumpelbus, der abrupt bremst und in dems einem schlecht wird.

Scheissgegend.

Ich hingegen denke: Bald kommt das Tram, dann kommen die Grafikbüros, dann die In-Beizen. Gentrifizierung, Mann. Bümpliz brönnt, ihr werdet sehen.

Sarah Pfäffli

Samstag, 6. November 2010

Bienne: Zwei Zahlen und ein Zeichen

In Biel war der vielleicht schönste Sonntag der Geschichte. Unsere Hockeyaner hatten soeben den SCB 7:1 weggeputzt, und in Köpfen und Herzen der Biennois prägten sich zwei Zahlen und ein Satzzeichen auf ewige Zeiten ein: 7:1. 7:1. 7:1. 7:1. 7:1.

Ich wollte gerade meine Katze rot-gelb einfärben und mit zwei gekreuzten Beilen verzieren, als mich ein alter Bekannter auf den Boden der Realität zurückholte. Sein Chef, berichtete er, habe offenbar einen Floskelkurs für Manager besucht und wende die dort inhalierten Sprachblasen nun gerne und oft an. Ab sofort gebe es nichts mehr Wichtiges, sondern nur noch «Zentrales». Auch Schlussfolgerungen würden nicht mehr gezogen. Der Chef beginne seine zusammengefassten Erkenntnisse jetzt mit dem wunderbaren Wort «Summa summarum».

Er erwäge, eine Versetzung zu beantragen, meinte der Bekannte. So möchtegern sei das.

In den folgenden Tagen wurde mir schmerzlich bewusst, dass auch andere Chefs in anderen Branchen oft von «zentralen» Dingen sprechen.

Summa summarum wars mir egal. Zentral blieben zwei Zahlen und ein Satzzeichen.

Fabian Sommer