Samstag, 31. Juli 2010

Bienne: Daheim

In Biel war endlich richtig Sommer, als ich aus den Ferien zurückkehrte: verhangener Himmel, 22 Grad. Ich sass auf einer Bank am Zentralplatz, als sich ein kleiner Herr mit Hosenträgern zu mir gesellte. Ein Stadtoriginal, Sie wissen schon.

Als ein Polizeiauto vorbeifuhr, erklärte er, weshalb Uniformierte stets zu zweit unterwegs sind: Damit einer «Gesundheit» sagen kann, wenn der andere niesen muss. Dann erläuterte er, weshalb Bauern beim Sex so laut schreien: Weil sie für einmal etwas aus dem eigenen Sack abgeben, ohne Subventionen zu kassieren.

Dass sich jemand einfach zu einem setzt, passiert ja manchmal, dachte ich. Doch dann ist Ruhe und fertig. Aber irgendwie findest du dich immer nur in Biel auf einer Bank neben redseligen Hosenträgerträgern wieder. Nach zwei Wochen in Bern und Griechenland wurde mir plötzlich bewusst, was ich im Ausland vermisst hatte.

Fabian Sommer

Samstag, 24. Juli 2010

Bern: Anti-Aging

Das Problem am Älterwerden ist nicht der körperliche Zerfall. Das Problem ist, dass sich alles wiederholt. Alles schon mal erlebt, das meiste in Besser. Diese Band? Schon 2003 gesehen. Diese Mode? Trage ich seit Jahren. Diese Story? Hundertmal gelesen. Das Leben wird je länger, desto langweiliger, weil es immer weniger erste Male gibt.

Mein erstes Gurtenfestival zum Beispiel! Da schliefen wir auf der Wiese und sahen UFOs und … wow!!! Letztes Wochenende, mein 13. Gurtenfestival: Quasi Routine. Nichts Neues auf dem Hügel. Das Einzige, was bleibt, sind Geschichten.

Zum Beispiel die: Morgengrauen auf dem Gurten. Man besteigt das Bähnli zur Talfahrt. Auch Hockeyspieler Mark Streit wartet, neben einem Typen mit langem blondem Haar. Da brüllt ein Mann durchs Bähnli: «Lue da! Der berüemtischt Bärner Sportler auer Zyte!»

Alle schauen sich um. In die Stille ruft der laute Mann:

«Dr Alain Sutter!»

Super Anti-Aging.

Sarah Pfäffli

Samstag, 17. Juli 2010

Bienne: Alternative

In Biel war das Volksfest Braderie seit einigen Stunden zu Ende. Eine beinahe bedrohliche Stille lag über der Stadt. Müll, Bierzelte und Menschen waren weggeräumt.

Es wurde Zeit, sich gewisse Beobachtungen der vergangenen drei Tage in Erinnerung zu rufen. Da war einerseits der ältere Herr, der am Montagmorgen um 1.30 Uhr rücklings mit ausgestreckten Beinen in einem Gebüsch lag und sich nicht mehr alleine befreien konnte.

Andererseits war da der alte Bekannte, der die Nacht auf Sonntag im Vorraum meiner Toilette verbrachte. Er war offenbar während der Geschäftsverrichtung eingenickt und dann runtergefallen. Als ich ihn fand, bettete er seinen Kopf gerade in einen mit Katzenfutter gefüllten Napf. Ich schlug ihm laut die Matratze im Abstellraum als Liegeplatz vor. Der Bekannte öffnete die Augen und schaute sehr ernst. Dann sagte er: Das ist eine gute Alternative.

Fabian Sommer

Samstag, 10. Juli 2010

Bern: Scheinschwanger

Etwas müsse da im Wasser sein. Irgendein Virus. Das mutmasste kürzlich ein mir bekanntes Frollein über das Lorrainebad. Die Epidemie, die dort grassiere: Kinder. In der Lorrainebadi wird man schwanger!, sagte sie sehr überzeugt. Ich sagte: Geh ich gleich mal gucken.

Und sie hatte recht. Überall Bekinderte. Überall Lenis, Lenas, Lunas, Luans, Mias, Neos, die mit Sonnencreme eingeschmiert wurden oder aus Tupperware gefüttert oder im Plantschbecken gereinigt. Gern rannten sie auch davon, immer rennen kleine Kinder davon.

Ich schaute ein wenig zu, hielt mich aber von allen Ansteckungsherden fern. Dann ging ich den Altenberg hoch, verbrannte mir die Füsse, sprang in die Aare, stiess einen spitzen Kälteschrei aus und liess mich treiben.

Erst als ich wieder daheim war, bemerkte ich meinen Bauch. Er war ganz rund. Kurz dachte ich, ich hätte mich angesteckt.

Aber es waren nur die Pommes frites mit Currysauce. Puh.

Samstag, 3. Juli 2010

Bienne: Fussball

In Biel war überall Fussball-WM. Ich traf überall Bekannte. Mit einem von ihnen schwelgte ich nach dem tristen Spiel Schweiz - Honduras in der gemeinsamen Juniorenfussballzeit.

Damals hatten wir einen Trainer namens Harry F. Er war ein Mann der weisen Worte. Als wir einmal bei 31 Grad um den Aufstieg in die zweittiefste D-Junioren-Klasse kämpften und um einen Kübel Wasser an der Seitenlinie bettelten, sagte er: Schweiss kühlt auch, Giele. Ein Spiel später stellte er dann einen Mittelstürmer mit Rückennummer 2 auf. So verwirre man den Gegner, erklärte er.

Der alte Bekannte und ich wurden uns gerade darüber einig, dass Harry F. Ottmar H. unbedingt als Nationaltrainer ablösen muss, als aus dem Nichts ein Mann auftauchte. Es war der nur erstaunlich wenig gealterte Harry F. Als Erstes fragte er, ob es eigentlich politisch korrekt sei, Blaise Nkufo als schwarzes Loch für Bälle zu bezeichnen.

Fabian Sommer