Samstag, 19. Dezember 2009

Bienne: Hund, tot

In Biel war es pour une fois nicht wirklich schön. Nebel, Eisregen, Scheisskälte. Aufmunterung tat not. Und siehe da; ich traf einen alten Bekannten.

Was er jetzt erzähle, sei vielleicht nur einer dieser urbanen Mythen, die man sich in jeder Stadt erzähle. Die Geschichte sei ihm aber aus zuverlässiger Quelle zugetragen worden, sagte er.

Jedenfalls sei vor einiger Zeit in Biel ein Mann mit einem Hund einen Fernseher kaufen gegangen. Der Hund habe draussen bleiben müssen, und als der Mann so mit dem Verkäufer über digital und nichtdigital diskutiert habe, sei der Hund vor dem Laden umgefallen, tot. Nach dem ersten Schrecken hätten die beiden Fido selig in einen relativ grossen, leeren Fernsehkarton gepackt. Zur späteren Beisetzung.

Ein paar Minuten später, sagte der Bekannte, sei ein Mann mit Pistole in den Laden gestürmt. Der Räuber habe einen relativ grossen und schweren Fernsehkarton erbeutet.

Fabian Sommer

Samstag, 12. Dezember 2009

Bern: Passiv-Aggressivistan

Das edelste Fortbewegungsmittel in der Kleinstadt ist das Velo. Das Problem dabei: Velofahren verdirbt den Charakter. Weil man sich dabei an den Luxus gewöhnt, seinen Weg allein zurücklegen zu dürfen und nie warten zu müssen.

Blöd wirds dann, wenn das Velo kaputt ist. Oder weg, weil man es am Abend vor dem Flohmarkt bei der Reithalle stehen liess (dummer Einfall).

Dann zeigt sich, wie verwöhnt man als Velofahrer geworden ist. Wenn man vor Ungeduld explodiert, weil man aufs Tram warten muss. Wenn man – eingequetscht zwischen schwitzenden Sachbearbeitern, Kinderwagen, Hunden und parfümierten Teenies – kein Dings zum Festhalten findet. Wenn man es kaum aushält, wie der Chauffeur auf Brems- und Gaspedal rumtrampelt. Wenn einem übel wird, weil Senioren im Tram ihre Darmprobleme diskutieren. Wenn man Leute mit Handy ein bisschen umbringen möchte («I bi im Bus!» – Aha).

Man. Also ich. Die Velo fahrende Königin von Passiv-Aggressivistan.

Sarah Pfäffli

Samstag, 5. Dezember 2009

Bienne: Absinth, Absinth, ein Lichtlein brennt

In Biel war Marché in der Altstadt, schöne Stände, schöner Glühwein. Irgendwie waren alle gerade schwanger. Da tauchte ein alter Bekannter auf und wollte über seine vierjährige Tochter reden. Er wisse jetzt viel Kinderzeugs, sagte er.

Unten in der Stadt werbe ein Coiffeur mit einem «speziellen Entertainmentsystem für die Kleinen». Schliesslich, so stehe es im Inserat, solle ein Haarschnitt ein «Erlebnis und eine Freude» sein. Das lasse er jetzt mal so stehen, meinte der Bekannte. Aber apropos Kinderzeugs. Er mache sich manchmal Sorgen, dass seine Tochter auf den falschen Weg geraten könnte. Die Kleine habe kürzlich im Quartier mit ihrem Adventskalender geprahlt. Jetzt sei ja «der erste Absinth».

Und dann die Sache in der Spielgruppe, seufzte der Bekannte. Dort habe sein Mädchen die Kinder und Pädagogen ein paar Tage nach Halloween gefragt, ob es schön gewesen sei. An der «Heroinparty».

Fabian Sommer

Samstag, 28. November 2009

Bern: Efff Tssee Tsüri Olé

Ich finds ja ein bisschen schade, dürfen die FCZ-Fans jetzt nicht mehr an Auswärtsspiele. Weil es immer ein besonders hübsches Spektakel war, wenn die Zürcher zu Besuch kamen.

Als zum Beispiel letztens YB gegen FCZ spielte, sassen wir im Sektor B, dort, wo man gar nicht mehr hört, was die YB-Stehplätze drüben singen, sondern nur: Efff Tssee Tsüri Olé Efff Tssee Tsüri Olé. Päng (ein Feuerwerk). Zisch (eine Petarde, wie sie die wohl reingeschmuggelt haben, iih.) Man weiss schon fast nicht mehr, wo gucken, geradeaus oder links. Links – eine Züri-interne Schlägerei. Geradeaus – ein Tor für Tsüri. Und da wirds erst richtig fetzig: Ein Dutzend erlebnisorientierter FCZ-Fans springt am Abtrenngitter hoch, ballt die Fäuste und schreit die YB-Fans an. Also uns. Wir applaudieren ein wenig.

Am Ende siegt YB, wir winken den verhaltensoriginellen jungen Männern zu und singen «Auf Wiedersehen!». Und das mit dem Wiedersehen meinen wir im Fall auch so.

Weil der richtige Circus kommt ja selten genug nach Bern.

Sarah Pfäffli

Samstag, 21. November 2009

Bienne: Kaputt!

In Biel war eben der Hockeymatch vorbei, die sechste Niederlage nacheinander für uns. Es gab verständlicherweise Appenzeller in den etwas grösseren Gläsern. Bald schon ging ich schlafen.

Ein paar Tage später traf ich einen alten Bekannten. Viel schlimmer als die Niederlagenserie seien die Verluste der Kanadier Fata und Bordeleau, seufzte er. Unsere zwei besten Spieler! Kaputt!

Dann allerdings setzte der Bekannte ein hämisches Lächeln auf. Diese Sissi, sagte er, diese langhaarige Berner Pfeife. Simon Gamache, hoch bezahlter kanadischer Bern-Urlauber und Tribünensesselkleber beim SCB, sei sich also tatsächlich zu schade, an uns arme Schweine ausgeliehen zu werden, um die Fata-Bordeleau-Lücke ein wenig zu stopfen.

Dieses Mädchen kenne Biel wohl nicht, meinte der Bekannte, sonst wäre es bestimmt längst da. Dann zitierte er die offizielle Website der Stadt Biel. Dort steht: Bielerinnen und Bieler wohnen dort, wo andere Ferien machen.

Fabian Sommer

Samstag, 14. November 2009

Bern: Gratuliere, du Rauchverbot

Hallo Rauchverbot, wie geht es dir? Du wirst mancherorts in der Stadt ja schon missachtet. Hie und da hinter einem Paravent. Oder auch ganz offen. Ziviler Ungehorsam olé olé.

Mir widerstrebt jegliche Reglementierung des Nachtlebens. Polizeistunde pfui Teufel. Dennoch warst du mir willkommen. Kleider am Tag nach dem Ausgang noch tragen zu können war anfangs ganz poppig. Ich habe mich rasch an dich gewöhnt. So sehr, dass mein innerlicher Polizist ganz empört aufspringt, wenn ich in Zürich in einem Lokal jemanden eine Zigarette anzünden sehe.

Nur manchmal. Da sehne ich mich nach den Zeiten, als es dich noch nicht gab. Als Winter noch Winter war und alle drinnen in der Wärme sassen. Und nicht im November draussen rumstanden und so taten, als wäre Sommer. Als man noch so cool war als Nichtraucher unter Rauchern. Und kein Aussenseiter, weil man nicht dabei ist, wenn alle vor dem Club paffen.

Liebes Rauchverbot. Gratuliere. Wegen dir verspüre ich auf einmal den dringenden Wunsch zu rauchen.

Sarah Pfäffli

Samstag, 7. November 2009

Bienne: Katzen

In Biel war Donnerstagabend, Scheisswetter. Es gab Rotwein. Ich sass mit alten Freunden zu Hause. Wir beackerten ein brisantes Thema: Katzen.

Die Beste, sagte Freund 1, sei die Seine, die Rote. Jeden Morgen um 5.35 Uhr kratze sie an der Zimmertüre und miaue intensiv, obwohl das Katzenfenster offen und der Napf gefüllt sei. Stehe er dann auf, wolle sie: nichts.

Er, sagte Freund 2, habe eine Zugelaufene gehabt. Einen Monat lang habe sie fremdgefressen. Als sie sich im eigenen Kot gewälzt habe und dann auf dem Sofa, habe er sie geduscht. Sie sei dann weg gewesen.

Seine Katze, sagte Freund 3 dann, sei ein Schwein gewesen. Eines Nachts habe er im Bett etwas Kühles, möglicherweise Elektronisches, an den Füssen gefühlt. Kein Ladegerät, seufzte Freund 3. Getrocknete Katzenkacke. Er wolle nichts verschreien, sagte er, aber vielleicht sei das Schwein deshalb letzte Woche überfahren worden.

Fabian Sommer

Samstag, 31. Oktober 2009

Bern: Einen Falafel bitte

Mein Quartier zeichnet sich durch entspannte Langeweile aus. Keine Szene-Lounges, keine Bioläden, kein Latte macchiato. Nur Coiffeursalons und tamilische Durcheinandershops. Und der beste Kebab der Stadt. Vom empfindlichsten Kebab-Mann der Stadt.

Das weiss ich, weil: Einmal habe ich fünf Kebabs bestellt (ab und zu lädt die Dame von Welt ja zu einem gepflegten Dîner). Allerdings holte ich sie fünf Minuten zu spät ab. Das fasste der Kebabmann als persönliche Beleidigung auf. Er war gekränkt. Und straft mich seither damit, dass er mich nicht in den Kreis der Stammgäste aufnimmt. Seit über einem Jahr betrete ich einmal pro Woche sein Lokal und bestelle einen Dürüm. Jedes Mal tut er so, als wäre ich zum ersten Mal da. Jedes Mal werde ich gefragt, ob mit scharf, ob mit alles, ob mit Joghurt- oder Cocktailsauce. J.e.d.e.s. M.a.l.

Ich gehe standhaft weiter zu ihm. Eines Tages werde ich das Lokal betreten, und er wird mich ungefragt mit dem perfekten Dürüm bedienen.

Dann werde ich sagen: Ach nö, heute hätt ich gern einen Falafel.

Sarah Pfäffli

Samstag, 24. Oktober 2009

Bienne: Nichts los, gut so

In Biel war langsam Winter, es gab Minzentee mit Schuss. Ich überlegte, ob es Sinn macht, Kollegin Pfäfflis Doppelspie-gel-mal-Gotteszahl-und-immer-noch-1-mehr-Erguss von vorvorletzter Woche noch einmal Beachtung zu schenken und kam zum Schluss: nein.

Gleicher Meinung war ein alter Freund, der sich dazusetzte. Besser ist es, sagte er, einfach dazusitzen und Biel in der Kälte anzuschauen.

Wir beobachteten: schön wenig Nebel. 1 sehr alte Frau mit Rollomat-Dingsbums, fluchend. 1 Liebespaar, sich mit recht blauen Lippen küssend. 1 sehr dicker Mann, halslos wie Huggel. 1 Hure mit Hund, telefonierend. 1junger Mann, einem anderen jungen Mann ein Velo über den Kopf schlagend. 1 Fernseher im Schaufenster, Teletextseite 241, Biel–Genf 4:2.

Viel passierte nicht mehr an diesem Abend. Musste auch nicht. Heute ist, sagte der Freund, einfach mal alles so, wie es sein soll, wenns Winter wird in Biel.

Fabian Sommer

Samstag, 10. Oktober 2009

Bern: Gotteszahl!

Früher ging das so: Wenn ein Kind ein anderes beleidigte, konnte das beleidigte Kind seine Handfläche zeigen und rufen: «Spiegel!» Die Beleidigung prallte dann zurück auf den Beleidiger, logo. Worauf wiederum das erste Kind beide Hände hochhalten konnte zum «Doppelspiegel», was dann das zweite Kind dazu brachte, «Doppelspiegel mal Gotteszahl» zu sagen. Dann hatte das erste Kind natürlich nichts mehr zu melden, der Streit war vorbei, denn Gotteszahl ist die grösste Zahl, die es gibt. Ist ja klar.

Dieser hübsche Ablauf fiel mir wieder ein, als ich letzte Woche Monsieur Sommers Replik las. (Die ging etwa so: «Stimmt gar nicht, dass wir Bieler verkrampft sind, ihr Berner seid ja selber verkrampft, nämlich!»)

Ich hab jetzt aber keine Zeit mehr für solche Kinderspielchen, weil an meine Tür klopft ein eleganter Herr, sein Name ist Herbst, wir gehen an der Front Vermicelles essen und werfen dann noch einen Blick auf die Alpen. Also adieu.

(Nur noch eines, Monsieur Sommer: Doppelspiegel mal Gotteszahl und immer noch 1 mehr.)

Sarah Pfäffli

Samstag, 3. Oktober 2009

Bienne: Entspannter Stolz

In Biel war Samstag, es gab Kaffee, Gipfeli und Zeitung. Ich las Kollegin Pfäfflis jüngste Kolumne. Skeptisch macht es also, dass wir Bieler ständig betonen müssen, wie gut unsere Stadt doch ist. Wir sollen uns mal entspannen.

Ich überlegte noch, was ich mit den Worten aus Bern anfangen sollte, als ein alter Freund nebenan Platz nahm. Entspannen, sagte er nach der Zeitungslektüre. Entspannen sei ein gutes Stichwort. Das sei exactement das, was uns von den Bernern unterscheide. Das Entspanntsein.

Früher, berichtete er, habe er mal kurz in Bern gelebt. Der See habe ihm gefehlt, klar, die Altstadt. Und die Hanfläden. Wirklich gestört habe ihn in Bern aber die Mehrheit der Bewohner. Nur ja nicht mit Fremden sprechen, nur ja kein Französisch verstehen, nur ja immer die komplizierte Frisur spazieren führen.

Dass wir Bieler da entspannter seien, mache ihn stolz, sagte der Freund. Verdammt stolz.

Fabian Sommer

Samstag, 26. September 2009

Bern: Relax, take it easy

Aha. Ein YB-Abo gilt in Biel also nicht als Ausweis, wie Monsieur Sommer vergangene Woche hier schrieb. Und sogar die Standesbeamtin sagt nach der Trauung «Ici c’est Bienne». Als könnte das in Biel jemand vergessen, bei all dem Lokalpatriotismus, den die Biennois pausenlos zur Schau stellen.

Nicht bös gemeint. Ich mag Biel, es hat etwas Mediterranes, nicht nur wegen des Siffs und der Gewalt, wie fiese Zungen behaupten. Aber dieses nonstoppe «Biel ist super, olé olé» kann ich als Bernerin nicht nachvollziehen. Weil wir haben ja auch Freude an unserer kleinen Stadt. Aber wir müssen nicht ständig ihre Vorzüge loben, immer «Bärn, i ha di gärn» rumbrüllen. Wir haben gar die Grösse, selbstkritisch zu sein. Können selbst in Weltstädte wie New York oder Zürich fahren, ohne stets zu betonen, wie hübsch Bern doch sei.

Irgendwie macht es ja schon skeptisch, wenn man die ganze Zeit betonen muss, dass etwas im Fall uuuh gut ist.

Liebe Bieler. Ich will euch ja nichts unterstellen. Ich sag nur: Entspannt euch mal.

Sarah Pfäffli

Samstag, 19. September 2009

Bienne: YB-Fan

In Biel war Hochzeit, es gab Champagner auf dem Kiesplatz vor dem Zivilstandsamt. Ein prunkvolles Gebäude in prunkvoller Umgebung übrigens. War im 17. Jahrhundert der Landsitz eines französischen Offiziers, aber das nur nebenbei.

Ich traf einen Bekannten mit Cüpli und Lachsbrötli in der Hand, der eben seines Amtes als Trauzeuge gewaltet hatte. Ein überzeugter Berner, folglich YB-Fan.

Die Hochzeit, sagte er, sei sehr schön gewesen, die Standesbeamtin nett und souverän. Nur eine Sache habe ihm zu denken gegeben. Ihr Bieler, sagte er, seid schon verdammt stolze Siechen.

Ich lächelte stolz.

Er habe seine ID vorlegen müssen, als Trauzeuge sei das Vorschrift, berichtete der Bekannte. Als er den Ausweis nicht gleich finden konnte, habe er die Standesbeamtin angelächelt und gefragt, ob auch das YB-Saisonabi reiche. Die Standesbeamtin habe ihn streng angeschaut. Und dann, erzählte der Bekannte, habe sie gesagt: Sorry, mein Lieber, ici c’est Bienne.

Fabian Sommer

Samstag, 12. September 2009

Bern: Magglingen

Bern ist eine Verliererstadt. Das ist jetzt nicht bös gemeint, im Gegenteil. Es ist ein Kompliment. Berner können einfach tipptopp einstecken, souverän verlieren. Ganz im Gegensatz zu mir. Verliere ich, stänkere ich wie ein kleiner Goof. Dafür kann ich absolut supergut gewinnen. Aber das ist ja keine Kunst.

Richtige Berner dagegen haben den Verliererinstinkt. Deshalb versäbelt YB immer alles im entscheidenden Spiel. Deshalb erklingt nach einem YB-Sieg im Stadion auch kein triumphales «We are the Champions». Sondern ein wehmütiges Züri-West-Lied, das klingt, als wäre ein Sieg etwas Bitteres. Eine passende Hymne für Bern.

Eine passende Hymne für Zürich hingegen sei «Traffik» von Züri West. Das schreibt das deutsche Magazin «Neon» in seiner jüngsten Ausgabe. Mal abgesehen vom offensichtlichen Missgeschick («Ah! Züri West! Bestimmt eine Züricher Band!»): In «Traffik» besingt die Band einen TV-Softporno.

Arme Züricher. Was für ein Tiefschlag. Aber in Magglingen gibts bestimmt einen Kurs «Einstecken für Anfänger» oder so. Ich komme gern mit.

Sarah Pfäffli

Samstag, 5. September 2009

Bern: Wäh, wandern

Auf einmal müssen meine Gspänli früher vom Ausgang heim. Ganz gesunde junge Menschen bleiben nüchtern und gehen um Mitternacht ins Bett. Weil: «Ich muss morgen um 6 aufstehen, wir machen eine Tour.»

Diese Art Tour hat aber nichts mit Rock'n'Roll zu tun. Nein: Plötzlich gehen alle wandern. Der neue Trendsport. Natur ist nicht mehr doof und wäh, sondern cool und real. Mal abschalten vom Job, mal gucken, wo das Biojoghurt herkommt, mal vermantschte Sandwiches zum Zmittag, mal saubere Luft.

Okay, dann tschesé. Ich bleib unterdessen im kaputten 3007, weil mir fehlen für solche Unternehmungen Disziplin und Tatkraft. Ich wandere dafür ab und zu vom Bett zum Grill, sauge zwei Mal pro Woche eine Kakerlake in den Staubsauger, geniesse das Grün meiner Zimmerpflanzen, ermorde im Geiste die Krähen vor meinem Schlafzimmerfenster und grüsse nachts den Fuchs, der in meinem Quartier Babys aufzieht.

Das ist ja wohl mehr als genug Natur für ein Menschenleben.

Sarah Pfäffli

Bienne: Bisle

In Biel war Montagabend, die Stimmung war sosolala. Niemand bestellte Alkohol, Wochenanfang und so. Ich traf trotzdem einen alten Kollegen.

Ihm sei heute im Büro etwas passiert, das nur einem Mann passieren könne, erzählte er. Gegen 11 Uhr habe er pinkeln müssen. Kein Thema eigentlich.

Doch bei ihm im Büro stünden die Pissoirs sehr nahe nebeneinander, und zwar ohne Trennwand. Wenn da das Nachbarpissoir besetzt sei, könne er nicht. Er könne so einfach nicht, knurrte der Kollege.

Der Worst Case sei um Punkt 11 Uhr eingetroffen. Und der Kollege vor dem Nachbarpissoir habe offenbar das genau gleiche Problem. Also: 2 Männer, 2 Pissoirs, 0 Milliliter Urin, 1 Million Peinlichkeitspunkte. Beide hätten dann pro forma abgeschüttelt und seien wortlos Richtung Arbeitsplatz abmarschiert.

Exakt acht Minuten später habe er einen zweiten Anlauf genommen, erzählte der Kollege. Rat mal, sagte er leise.

Rat mal, wer reingekommen ist, als ich gerade gekonnt hätte.

Fabian Sommer

Samstag, 29. August 2009

Bern: Tschesé Sommer

Dem Sommer wachsen schon graue Haare, die Sonne nickt beim Znacht manchmal ein, und die Aare mag auch nicht mehr so recht. Es ist Ende August, und es könnte jetzt jeden Tag so weit sein: Dass wir plötzlich nicht mehr wissen, wie das geht, in der Badehose rumlaufen und nicht frieren. Oder sich wochenlang nur von Pommes frites mit Currysauce ernähren. Auf einmal können wir es uns nicht mehr vorstellen, wie wir all das Bier überlebten und die Massenwanderungen am Aareufer auf dem heissen Asphalt. Schütteln ungläubig den Kopf beim Gedanken, dass der Körper selbst nach ganz wenig Schlaf und mehreren Rauchvergiftungen von all den Grillfesten funktionierte. Und bald erinnern wir uns auch nicht mehr daran, dass wir je ohne Handschuhe an den Fussballmatch gingen.

Noch schleicht sich die Kälte zwar erst als Wind getarnt an, aber bald wird sie da sein.

Dann helfen nur noch feine Melancholie, dunkler Milchkaffee und heisse Marroni. Ist ja auch was. Ich sag schon mal: tschesé Sommer, du alter Sack.

Sarah Pfäffli

Samstag, 8. August 2009

Bienne: Pissoir

In Biel war Fussball, Challenge League, zweite Runde. Der Gegner hiess Stade Nyonnais, die Zuschauerzahl betrug 552, und ich traf einen alten Kollegen.

Er sei in vielen Stadien gewesen, erzählte er nach dem 3:0 für unser Team. Auf die Gurzelen aber komme er immer wieder zurück, so schön sei das hier. Nirgendwo sonst, meinte er, sei das Fussballerlebnis so echt. Dieser Geruch nach Rasen! Diese verkohlten Würste! Diese Nähe zu den Spielern! Und dann, vor allem: diese Matchbesucher! Noch von altem Schrot und Korn!
Ich sah mich um. Die rostige Haupttribüne. Hinter dem Spielfeld ein schlechtes Graffiti auf bröckelndem Beton. Das Pissoir, eine schwarze Wand.

Es ist wirklich schön hier, sagte ich zum alten Kollegen.

Dann lauschten wir. Vor uns standen zwei Alte mit Rösslistumpen. Er verstehe es nicht, brummte der eine. Warum nur stellen sie hier nicht ein Dreierpissoir auf, so mit Röhren, wie an den Festen. Weisst du, sagte er, so eins, wo man sich in der Mitte gegenseitig anseicht.

Fabian Sommer

Samstag, 25. Juli 2009

Bern: Skilager

Ich fand das immer einen ganz hübschen Vergleich, und ich bemühte ihn fast inflationär: Gurtenfestival ist wie Skilager.

Mit dem Bähnli auf den Berg, weit weg von daheim. Ausnahmezustand und Alkohol. Keine Eltern weit und breit. Sich aufführen wie Kinder. Ausrutschen und ein Bein brechen auf der Piste. Zu wenig schlafen. Bisschen Rummachen mit jemandem, weil was dort oben auf dem Berg passiert, bleibt dort oben. Fies tun gegen die blöden Kinder vom anderen Skilager (oder lachen über die peinlichen Idioten im Baccardi-Zelt). Flaschen vor dem Lehrer verstecken (oder vor den Broncos bei der Eingangskontrolle). Lustige Skimützen gegen die Kälte tragen (oder blöde Hüte und Sonnenbrillen gegen die Sonne). Das alles einfach mit Bier statt Pescafrizz.

Solches Zeug dachte ich auch dieses Jahr wieder und fands wahnsinnig originell. Bis es vergangenes Wochenende dann plötzlich saukalt wurde.

Und sich am Gurtenfestival einmal so richtig Skilagerfeeling einstellte

Sarah Pfäffli

Samstag, 18. Juli 2009

Bienne: Telefönli

In Biel war Abend, es war kühl für die Jahreszeit. Alle standen draussen, weil man drinnen nicht mehr rauchen darf. Ich traf einen alten Freund.

Er rege sich fürchterlich auf, sagte er. Diese Verniedlichungen, er könne sie nicht mehr hören. Mit den Gspänli ans Seeli, ein Würstli vom Grill und ein Bierli dazu; hallo, gehts noch.

Ein schnelles Autöli, ein schönes Tägli, ein wunderschönes Mörgeli? Der Freund redete sich in Rage. So sprechen vielleicht Spielgruppenleiterinnen mit Birkenstocksandalen oder Pädagogen mit freikirchlichem Hintergrund und Fischklebern auf dem Heck. Aber normale Menschen?

Er arbeite seit ein paar Tagen mit einem neuen Kollegen zusammen, erzählte der Freund. Der sei in Sachen -li nicht zu toppen. Erst vor ein paar Tagen habe ihn der Typ gefragt, ob er sein Nateltelefönli ausleihen dürfe. N-a-t-e-l-t-e-l-e-f-ö-n-l-i, buchstabierte der Freund. Schlimmer gehts nicht.

Jedes Mal, wenn er den getroffen habe, sagte der Freund, brauche er ein Zigarettli.

Fabian Sommer

Samstag, 11. Juli 2009

Bern: Nipplegate

Es ist ja immer so: Wenn man in Bern jemanden treffen will, trifft man ihn ganz bestimmt nicht. Das gilt für Grossereignisse wie das Gurtenfestival ganz besonders, hat aber auch in umgekehrter Richtung seine Gültigkeit: Wenn man gerade niemandem begegnen will, trifft man bestimmt die halbe Stadt. Das musste ich kürzlich wieder feststellen.

Es dunkelte schon ein, da beschlossen mein Gspänli und ich, zwecks Abkühlung in die Aare zu hüpfen. Also ab ins zugemüllte Marzili. Kleider weg, Bikini an, hops, pflatsch, treiben lassen. Wieder frisch und äusserst fröhlich entstiegen wir dem wunderbaren Gewässer.

Nie steht dort jemand oben an der Treppe. Nie. An diesem Abend aber schon. Viele Bekannte von mir beim Biertrinken. Ich winkte fröhlich und freute mich.

Bis ich merkte, dass mir die fiese Aare beim Aussteigen den Bikini runtergezogen hatte.

Hupsala.

Der fragliche Aare-Ausstieg heisst seither in gut unterrichteten Kreisen «Nipplegate».

Sarah Pfäffli

Samstag, 4. Juli 2009

Bienne: Finger

In Biel war Pingpongturnier, es gab Weisswein mit Citro, und ich traf einen alten Bekannten.

Er habe an der Barbarie etwas ziemlich Hässliches erlebt, berichtete er. Die Barbarie, das nur am Rande, ist die Gegenveranstaltung zum Bieler Sommerfest Braderie und super. Dort sei es passiert, letztes Wochenende, just, als er urinierbereit an einem etwa zweieinhalb Meter hohen Gitterzaun gestanden sei. Ein Mädchen, vielleicht 18, habe über den Zaun klettern wollen, erzählte der Bekannte. Sie sei dann mit ihrem Fingerring im Gitter hängen geblieben und auf den Boden gefallen. Zack. Finger ab. Sie: benommen am Boden. Ihre Freunde: mit Handys und Feuerzeugen am Boden. Im Dunkeln auf Fingersuche.

Der Finger sei schliesslich gefunden und das Mädchen in Spitalpflege überbracht worden, berichtete der Bekannte. Es sei wohl wohlauf.

Vor dem Einschlafen habe er sich vorgestellt, was er getan hätte, wenn er den Finger am nächsten Tag gefunden hätte. Ich wäre an die Bar gegangen, sagte er leise, und hätte Bier bestellt. Elf Bier.

Fabian Sommer

Samstag, 27. Juni 2009

Bern: Spunte

Kürzlich sassen wir in einer Beiz am Wasser, und das Schöne an Bern ist ja, dass man dafür nicht an einem miefigen See hocken muss, sondern sich an ein vitales Fliessgewässer begeben kann. So kamen wir ins Schwärmen: Wie hübsch die Beiz doch sei. Mit dem Gärtli. Und dem Rauschen im Hintergrund.

Da sagte mein Gspänli einen üblen Satz: «Aber man könnte noch viel mehr draus machen.»

Er meinte es nur im Spass. Doch mich schauderte: Wenn hier erst mal ein Szene-Gastronom vergeblich einen Latte macchiato bestellt, wird der in sein Moleskine-Büchlein notieren, «aus Beiz XY könnte man eine hippe Lounge machen!», und vorbei wird es sein mit dem Frieden.

Es gibt schon genug doofe Lounges. Wir wollen Spunten. Die müssen Werbe-Sonnenschirme haben und Plastikstühle, keine Starck-Möbel und Retro-Aschenbecher, keine überforderten Studenten im Service, sondern alte Türken mit grossen Schnäuzern, keine DJ-Musik im Hintergrund, sondern nur Rauschen.

Bloss nichts «draus machen»!

Sarah Pfäffli

Samstag, 20. Juni 2009

Bienne: Kalte Blatte

In Biel wars tüppig, es gab Panaché gegen die Hitze, und ich traf einen alten Arbeitskollegen. Er war in Diskutierstimmung. Der Kollege sprach über Sprache, und das gefiel mir.

In Biel, diesem vielsprachigen Schmelztiegel der Kulturen, und er sagte es so hochgestochen, gebe es mittlerweile zwei Arten von schlechtem Deutsch. Das geläufige Deutsch der welschen Bieler. Und das immer geläufiger werdende Deutsch der ausländischen Bieler.

Dass der beste Dönerladen der Stadt mit dem Slogan «Mehr Lust auf wieder essen» wirbt, sei ein klassischer Fall von Ausländerbielerdeutsch. Und auch die «kalte Blatte», die eine Bar mit schönem Plakat im Schaufenster feilbietet, sei wohl eher nicht das Werk eines überangepassten Frankofonen gewesen, meinte er.

Am Brockenhaus der Caritas jedoch sei eindeutig ein Welscher am Werk gewesen, behauptete der Kollege. So etwas erkenne er als Ur-Bieler auf den ersten Blick. Dort steht an der Eingangstüre: «Es ist verboten, diverse Sachen ausser die Öffnungszeit hier abzulegen».

Fabian Sommer

Samstag, 13. Juni 2009

Bern: Taube, tot

Neulich wartete ich auf den Bus. Dabei schaute ich ein paar Tauben zu, die auf dem Asphalt dieses Vogel-Dings machten – beschäftigt rumeiern. Nach einiger Zeit fuhr der Bus heran, und die Tauben machten sich aus dem Staub. Nur eine wusste nicht wohin, und eierte ausgerechnet: unters Rad.

Pfltsch.

Machte es, als der Bus darüberrollte. Ein wenig knackte es auch, als würde man die Luft aus einer PET-Flasche drücken. Taube tot. Ich ekelte mich lautstark. Die Leute neben mir, die es nicht gesehen hatten, schauten verwundert und dachten wohl: Wieder so eine mit Tourette-Syndrom. Nur ein Kind sagte: «Mami, warum hets nid chönnä furtflügä?», aber Mami wusste auch keine Erklärung.

Ich schon: Darwin.

Der Vogel war zu doof, deshalb musste er sterben. Tauben sind ohnehin unnütz, und man sollte froh sein, wenns eine weniger hat. Würde ich gern denken. Aber jedes Mal, wenn ich seither die Luft aus einer PET-Flasche drücke, durchfährt mich ein taubenfreundliches Schaudern.

Sarah Pfäffli

Samstag, 6. Juni 2009

Bienne: Güggeli

In Biel war Grillfest, es gab ganze Güggeli à 13 Franken und ich traf einen alten Freund. Er habe einen schweren Schock erlitten, berichtete er. Dass ihm das gerade jetzt, bei goldgelb gebratenen Güggeli, einfalle, komme nicht von ungefähr. Das scho-ckierende Erlebnis, erzählte der Freund, sei ihm nämlich ebenfalls in der Nähe eines Grills widerfahren.

Er sei also an diesem Fest gewesen, auf einer sehr schmalen Terrasse, wo es nicht einfach gewesen sei, zwischen Stühlen und Tischen zum Grill zu gelangen. Dort sei es passiert. Eine junge Gutaussehende habe sich zwischen Stühlen und Tischen durchgezwängt. Dabei habe sie sich dünn machen müssen, was ihre eh tief geschnittene Hose ein Stück tiefer rutschen liess. Und dann: Sei ihre Intimbehaarung aufgeblitzt! Ein dichter, pechschwarzer Busch! Bis zum Bauchnabel! Der Freund sprach jetzt so laut, dass sich der Güggelimann umdrehte.

Allmählich beruhigte sich der alte Freund wieder. Er habe der jungen Gutaussehenden dann geraten, nicht zu nahe an den Grill zu stehen, sagte er.

Samstag, 30. Mai 2009

Bern: Indianer

Neulich am Bahnhofplatz, unter dem rostenden Baldachin, schwappt eine Welle Tieftöne über den Asphalt, bis zum Hirschengraben hört man es. Tammtammtammtamm!, klingt es schwer und ernst, und mir ist subito klar: Huch, die Indianer sind in der Stadt.

Also, das heisst eine Panflötenband. Die faszinieren ja wahnsinnig. Klang gewordene Traumfänger. Da bleiben die Leute vor stehen, stellen die Migros-Papiersäcke in die Pfütze, egal, weil die Musik ist so durchdringend, total kulturell, in Südamerika, da zählt die Tradition halt noch etwas, und dann diese tollen Kostüme.

Früher waren das ja noch richtig grosse Stämme. Inzwischen sind sie manchmal nur noch zu zweit. Dafür mit krassem Verstärker. Müssen ja alle sparen.

Denk ich mir. Beschleunige meinen Schritt und stopf mir iPod-Hörer in die Ohren. Als Schutz vor Ohrenkrebs. Weil im Gegensatz zu Vogel- und Schweinegrippe ist hiermit nicht zu spassen.

Das ist eine echte Pan-demie.

Sarah Pfäffli

Samstag, 23. Mai 2009

Bienne: Ohrestäbli

In Biel war Morgen, es gab Brunch bis 16 Uhr, und ich traf einen alten Kollegen. Er habe an der Braderie einen Mann gesehen, das glaube man nicht, berichtete er.

Die Braderie, muss man wissen, ist für Bieler so ziemlich das wichtigste und schönste und gefährlichste Fest der Welt. Alle trinken drei Tage lang sehr viel. Alle essen Grillzeugs und frittierte Früchte und fettige Frühlingsrollen. Alle tanzen mit allen. Brasilianerinnen mit Jurassiern, Afrikaner mit Mädchen aus Wengi bei Büren. Und alle sind irgendwie Bieler.

Er habe an der Braderie also diesen Mann gesehen, sagte der Kollege. Der Typ sei am Samstagmittag durch die gefühlten 50000 Menschen in der Stadt gelaufen, mit einem Wattestäbchen im Ohr. Er zeichnete mit der linken Hand ein Wattestäbchen in die Luft vor seinem Ohr. So! Jetzt schrie der Kollege. Ohne Scheiss!

Er habe den Mann dann angesprochen. Oh, habe der Unbekannte mit weissem Traineroberteil gesagt. Hab ich im Ohr vergessen, das Stäbli. Merci, hä.

Fabian Sommer

Samstag, 16. Mai 2009

Bern: BEA

Neulich war BEA, und wenn jemand fragt, wie ich das gemerkt habe, dann rufe ich: Das sieht man doch!

Und zwar daran, dass Hockey vorbei ist und trotzdem so viele Landmenschen in der Stadt rumlaufen. Daran, dass überall Familien sitzen und Sandwiches essen und Tee aus der Feldflasche trinken, die Kinder tragen Sponsorenhüte: Alinghi. John Deere. Landi; die Eltern tragen Regenjacken, Vater und Mutter die gleiche, unisex, zweifarbig. Wenn es nicht regnet, kann man die um die Hüfte binden.

Derweil ärgern sich die Stadtmenschen, weil die BEA-Touristen Rolltreppen und Trams verstopfen und überall im Weg stehen und immer so! langsam! gehen. Aber auch die BEA-Besucher sind froh, wenn sie nach der Weindegustation wieder heim können, weil: Ach, in diesem Bern ist es so hektisch, und nirgends ein Grün!, da haben wir es schon schön in Dings-wil!

Am Wochenende müssen sich die Stadtleute von all dem Ärger erholen. Auf einer Wanderung durch Dings-wil. Landluft schnuppern halt.

Sarah Pfäffli

Samstag, 9. Mai 2009

Bienne: Schwinli

In Biel gabs Käseküchlein mit Weisswein für fünf Franken, und ich traf einen alten Freund.

Seine Söhne, berichtete er, hätten sich vor ein paar Jahren nichts sehnlicher gewünscht als zwei Meerschwinli. Er sagte das so, weil er Bieler ist und bilingue, die welschen Gene aber dominieren und sein Bieldeutsch deshalb manchmal lustig tönt. Ich sah davon ab, ihn zu korrigieren.

Das Problem sei gewesen, erzählte der Freund, dass die Schwinli (die er seinen Söhnen natürlich gekauft hatte) auf der Prioritätenliste der Jungs bald weit hinter Playstation, Kiffen und Komatrinken rutschten und hinter die anderen Dinge, für die sich Kinder sonst noch so begeistern.

Die Schwinli aber hätten sich trotz reichlich uninspirierter Pflege rasend schnell verdoppelt. Er meinte natürlich vermehrt. Auch hier sah ich aber davon ab, ihn zu belehren.

Er habe die kleinen Schwinli dann jeweils einem Kollegen gebracht, berichtete der Freund. Der halte sich eine Boa.

Fabian Sommer

Samstag, 2. Mai 2009

Bern: Fertig los

Neulich war Frühling, und die grosse Frage im Frühling in der Stadt ist: Wo können wir rumliegen und etwas Salziges essen? Weil sams- und sonntags sind das die zwei Dings, die ein junger Körper braucht.

Also ab in den Rosengarten. Dort sind aber alle, keinen Meter kann man flanieren, ohne – ups – über jemanden zu stolpern, und so stellt sich das Tourismusproblem: Eigentlich will man schon dort sein, wo Leute sind. Aber wenn dann alles voll Mensch ist, fühlt man sich so dumpf pauschaltouristisch.

Dann dieses Grüssproblem: Grüsst man namenlose Halbbekanntschaften? Und wenn sie nicht zurückgrüssen? Ist es ein wenig peinlich, oder? Aber weggucken ist auch doof. Ach.

Drum: Wenn der Frühling nur so blüht und summt und drängt und sich alle hormongetrieben auf dem Rasen wälzen – dann lege ich mich ins kühle, dunkle Kino, esse salziges Popcorn und grüsse gar niemanden. Der Frühling ist eh überbewertet. Man braucht ihn gar nicht, wie man ja wohl im Sommer sieht.

Sarah Pfäffli