Samstag, 25. August 2012

Bienne: 36 Grad

In Biel war der Asphalt sehr heiss. Die Temperaturanzeige am Bahnhof zeigte 36 Grad an. Klar denken war schwierig bis unmöglich. Wahrscheinlich genau deshalb waren in der Nidaugasse Spendensammlerteams unterwegs. Kinder in Not, Orang-Utans in Not, Gletscher in Not.

Mir gingen Dutzende Ausreden durch den Kopf, weshalb ich heute gerade nicht spenden kann. Und auch Dutzende lustige Ratschläge in Magazinen und Zeitungen, die schon zum Thema Ausredenerfinden im Angesicht von Spendensammlern publiziert worden sind. All das wurde schnell nichtig. An diesem Tag lernte ich, dass im Umgang mit diesen Leuten nichts so gut ist wie: Ehrlichkeit. Als ich an der jungen Dame mit gelbem Overall vorbeiging, sprach sie gerade eine alte Frau an. Sie war trotz Schweissflecken sichtlich motiviert: «Lieben Sie Kinder? Dann helfen Sie ihnen!» Die Alte sagte einfach nur etwas: «Ich hasse Kinder.» 15 Sekunden später hatte die Junge eine Antwort parat: «Die Kinder hassen Sie auch, und in dem Fall wollen sie Ihre Hilfe gar nicht!» Die Alte schaute sie an. Dann sagte sie: «Wunderbar, dann haben wir einen gemeinsamen Nenner. Und Sie können sich verpissen.» 

Fabian Sommer

Samstag, 18. August 2012

Burn: He, he, Herr Mötzli

Zum Glück ist sie wieder offen, die Kornhausbrücke. Für uns Velofahrer war das ja eine Pein, den Göppel bergab zu stossen. Aber es gibt auch Leute, die sind jetzt ein wenig traurig: all die Berner Hobbypolizisten, die sich wahnsinnig freuten, dass sie mal ganz legitim und mit echter polizeilicher Unterstützung motzen durften, weil unzählige Velofahrer trotzdem drüberfuhren.

Donnerwetter, war das ein Gemotze und Hinterhergeschreie! Was kamen da für passive Aggressionen ans Tageslicht! Also nicht dass ich gefahren wäre. Diesen Gefallen würd ich den Mötzlis nie tun.

Aber den Mötzlis gehen die Aufgaben auch so nie aus. Kürzlich sah ich einen im Zug. Ich sass im Speisewagen, der Mann mir vis-à-vis trank Tee aus einer Tasse, die die ganze Fahrt über auf dem Tellerchen klapperte und klimperte. Plötzlich konnte sich ein Mann am Nebentisch nicht mehr halten: «Tschuudigung, chöit dir das Tassli nid näbe das Tällerli steue?» Der Mann macht schweigend wie geheissen, sichtlich genervt. Mötzli: «Dir ghöret doch, wie das tuet!» Tee-Mann: «Ja Entschuldigung, wir fahren hier bisschen Zug, sind ja nicht im Hotel!» Mötzli: «Jaja, i wüu dr de!»

Ich möchte fast sagen, die Welt wäre freier, wenn ab und zu mal jemand sagen würde: He, Mötzli, halt mal den Latz.

Sarah Pfäffli

Samstag, 11. August 2012

Bienne: Gold für Biel

In Biel war gerade noch rechtzeitig vor dem Ende der Spiele in London der olympische Geist eingekehrt, und zwar richtig. Wunderbar: Die Menschen in der Stadt unterhielten sich nicht wie sonst über den Strich- und Abstiegskampf unserer Sportclubs, sondern über Tontaubenschiessen, Landhockey, Gewichtheben, Greco-Ringen und Wasserball. Und ja: Sie liessen sich von Olympia anstecken. Am See, wo üblicherweise Fussball gespielt wird, probierten plötzlich alle mehr oder minder exotische Sportarten aus. Kubb, dieses lustige Wikingerschach. Frisbee. Tretbootfahren. Cricket.

Ich hatte soeben meine Pétanque-Partie verloren, als ein alter Bekannter auftauchte. Auch er war euphorisiert. Vier Goldmedaillen habe Biel in London gewonnen, posaunte er. Und Schweizer Meister im Fussball seien wir jetzt auch noch! Ich hörte ihn noch «Ici, c’est Bienne» skandieren, dann war er weg. Tage später fand ich heraus, was der Bekannte gemeint hatte: Die Bieler Band Pegasus liefert den offiziellen Olympiasong des Schweizer Fernsehens, das Album des Quartetts gewann kürzlich Gold. Und der Bieler Sänger Mark Fox singt das offizielle Lied der neuen Schweizer Fussballsaison. Hell yeah, dachte ich. Wenn das so weitergeht, findet Olympia 2032 noch à Bienne statt.

 Fabian Sommer

Samstag, 4. August 2012

Burn: Blödes Taxi

Es sind Olympische Spiele, und weil London Angst hatte vor den vielen Leuten in der U-Bahn, hängen vielerorts Plakate mit der Frage: «Why not walk?» Die Frage hat mich ein wenig an Bern erinnert, und zwar an ein Taxierlebnis. Ich kehrte in der Nacht von der Arbeit nach Bern zurück, war todmüde und wollte nur schnell heim. Setzte mich am Bahnhof in ein Taxi. Breitenrain, sagte ich, und die Adresse, worauf er losfuhr, aber nicht ohne zu bemerken: «Das ist ja nicht weit! Das könnten Sie laufen!» Natürlich stieg ich trotzig aus und ging zu Fuss. Es war nicht das erste Mal, dass mir so etwas passiert ist, fast alle Berner Taxifahrer werden mindestens grantig, wenn man eine kurze Strecke fährt; schliesslich könnten sie in dieser Zeit jemanden nach Lyss chauffieren, was wesentlich einträglicher wäre. Einer hat sich einmal schlicht geweigert: Nehmen Sie ein anderes Taxi.

Das ist natürlich blöd, weil mir das auch meine Taxiromantik vergrault. Ich glaube, ich könnte eine super Taxikundin sein, ich halte Taxis theoretisch für ein vorzügliches Verkehrsmittel. Und obwohl mir die Fahrer nie etwas Interessantes erzählen, glaube ich noch immer, die hätten total aufregende Geschichten auf Lager. Die werde ich leider aber auch künftig nie hören, weil Taxi in Bern? Why not walk?

Sarah Pfäffli