Samstag, 24. März 2012

Bienne: Das Dreckloch

In Biel war mal wieder ein Auto in Flammen aufgegangen, und ich wusste, was in Bern und so jetzt geredet wird: Ghettostadt! Kriminell! Pack!

Das Thema Fremdwahrnehmung unserer Stadt war auch bei einem 11-Uhr-Brunch mitten unter der Woche Thema. Ich machte einem alten Bekannten klar, dass mir grundsätzlich furzegal ist, was andere über Biel sagen oder denken oder schreiben.

Und er? Zog kommentarlos ein Papier aus der Tasche. Es war die Fotokopie zweier Seiten aus dem Buch «Der Schweizversteher» von Diccon Bewes. Der britische Autor hat eine Art Wanderbericht über eine Reise durch die Schweiz verfasst. Für sein von den Kritikern hoch gelobtes Werk war er auch kurz bei uns. «Bis dahin hatte ich geglaubt, La Chaux-de-Fonds sei hässlich, doch ich änderte meine Meinung, als ich im Dreckloch der Schweiz ankam», schreibt er über seinen Besuch in Biel. Und bla. Und bla. Und blabla. Immerhin war Bewes dann noch rasch am See und in der Altstadt. «Zwei Schmuckstücke» seien das, «von denen jedes andere Dreckloch nur träumen kann».

Dieser Satz, das gebe ich zu, ist toll formuliert. Der Bekannte interpretierte ihn gar als Hymne auf Biel. Er will jetzt jedem, der ihn nach seiner Herkunft fragt, sagen, er lebe im schmucksten Dreckloch der Schweiz.

Fabian Sommer

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