Samstag, 1. September 2012

Burn: Szenen einer Ehe

Bern verglüht im Rückspiegel, und aus dem Radio fragt jemand: «Where is the love?», und ich denke: Das ganze Auto ist bis oben voll damit, siehst du das denn nicht? Der Mann legt eine CD ein, und ich nehme die richtige Spur. Ab und zu tauchen Erinnerungsfetzen auf. In fünf Stunden ist man am Meer, und was für ein gutes Meer das ist, seicht und warm und freundlich.

Am Abend sitzen wir vollgegessen im Restaurant, Spaghetti waren nur die Vorspeise. Da setzt sich ein Paar an den Tisch neben uns, nein: ein Päärli, es hält Händchen über den Tisch hinweg. Die beiden sprechen Züritüütsch, aber irgendwie verpassen wir fatalerweise den Moment, in dem man ohne grosse Folgen «Hallo» sagen könnte. Ein Lächeln und zwei, drei Worte würden genügen, ah ja, auch aus der Schweiz, schön hier, he. Stattdessen sitzen wir nur da und schauen uns ratlos an. Sie reden, wir sagen gar nichts, und so sind wir plötzlich zum Schweigen verdammt, denn je länger es dauert, desto peinlicher wäre es, sich jetzt doch noch zu outen.

«Il conto, per favore!», flehen wir schliesslich. Noch nie haben wir uns die Rechnung so sehr herbeigesehnt. Später lachen wir ein bisschen über unsere eigene Doofheit. Und über die Ironie der Szene: Wir müssen ausgesehen haben wie ein lange verheiratetes Paar, das sich längst nichts mehr zu sagen hat.

Sarah Pfäffli

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