Ich sags jetzt mal ehrlich: Fasnacht ist was Schönes für Kinder und
ansonsten ganz furchtbar. Es ist die einzige Gelegenheit für viele
gewöhnliche Menschen, die Sau rauszulassen (ich schreibe jetzt nicht:
ihr wahres Gesicht zu zeigen). Ein Fest, an dem Männer in den
Hauseingängen pinkeln, weil man das ja darf, so verkleidet, und mit
derselben Legitimation Frauen angrapschen. Diese wiederum verkleiden
sich alle: «sexy». Als Polizistinnen und Krankenschwestern, Teufelchen
und Hexen. Es ist, als würde die ganze Stadt Polterabend feiern.
Und dann geh ich trotzdem immer. Aber weil ich mich jedes Mal erst in
letzter Sekunde dazu durchringe, habe ich kein ausgefeiltes Kostüm,
sondern ende zum Beispiel als YB-Hooligan mit schwarzer Kapuze und
Knoten im Schal an der Bar im Schlachthaus und habe ein bisschen Angst,
dass ein richtiger Hooligan vorbeikommt. Oder zwei. Dann trinke ich
genug, und es wird doch irgendwie lustig, und ich denke mir aus, wie man
sich noch verkleiden könnte: als Round Table Knights, als Kutti MC, als
Simone Niggli-Luder oder als jenen Mann, der immer in den kurzen
Turnhosen und mit Plastiksack durch die Stadt stapft. Viele schöne Ideen
habe ich, und ich denke: nächstes Jahr! Aber dann sehe ich jemanden
kötzlen, höre eine Guggenmusik «Eye of the Tiger» spielen – und weiss es
wieder. Fasnacht ist ganz furchtbar.
Sarah Pfäffli
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